Wer nach der Altersteilzeit arbeitslos wird, riskiert eine Sperrzeit, so hat es aktuell das LSG Baden-Württemberg entschieden. Dr. Till Bender
Wer nach der Altersteilzeit arbeitslos wird, riskiert eine Sperrzeit, so hat es aktuell das LSG Baden-Württemberg entschieden. Dr. Till Bender

Wer sich eine Brücke in die Rente bauen will, hat einiges zu beachten. Ist die Brücke zu kurz, droht ein Reinfall. Dies bestätigt das Landessozialgericht Baden-Württemberg in einem neuen Urteil.

In dem Verfahren stritten die Beteiligten über die Verhängung einer Sperrzeit durch die Agentur für Arbeit. Der 1948 geborene Kläger war seit 1990 bei seinem Arbeitgeber unbefristet angestellt. Im April 2004 vereinbarte er mit seinem Arbeitgeber Altersteilzeit im Blockmodell. 

Arbeitslos nach Altersteilzeit

Danach arbeitete der Kläger vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2006 in Vollzeit und war ab dem 01.01.2007 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31.12.2009 freigestellt. Der Arbeitgeber stellte am 01.03.2007 einen Nachfolger für den Kläger unbefristet ein. Nach Ablauf der Freistellungsphase meldete sich der Kläger bei der Beklagten ab dem 01.01.2010 arbeitslos. Diese verhängte daraufhin eine 12-wöchige Sperrzeit.

Nach erfolglosem Widerspruch wies das Sozialgericht die Klage in erster Instanz ab. Auch die Berufung hatte keinen Erfolg.

Sperrzeit bei versicherungswidrigem Verhalten 

Eine Sperrzeit wird immer dann verhängt, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Sie beträgt in der Regel zwölf Wochen.

Als versicherungswidrig sah das Gericht die Tatsache an, dass der Arbeitnehmer durch die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ein befristetes Arbeitsverhältnis eingegangen ist, nachdem er zuvor ein unbefristetes Arbeitsverhältnis hatte.

Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass das vereinbarte Beendigungsdatum mit dem Renteneintrittsdatum überein stimmt und damit nach Ende der Altersteilzeit keine Arbeitslosigkeit eintritt. Dies war hier jedoch anders: 

Der Kläger hatte Arbeitslosengeld zum 01.01.2010 beantragt, hätte aber frühestens im Dezember 2011 in Rente gehen können.

Es klafft eine Lücke

Das Gericht ging davon aus, dass der Kläger bei Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung wusste, dass er nicht sofort in Rente gehen kann, sondern noch ein Zeitraum von zwei Jahren zu überbrücken sein werde. 

Damit habe der Kläger sehenden Auges seine eigene Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Stattdessen hätte er einen anderen Beendigungszeitpunkt wählen können oder sein ursprüngliches, unbefristetes Arbeitsverhältnis behalten können. In beiden Fällen hätte er die Arbeitslosigkeit verhindern können.

Kein Schadensersatz wegen unvollständiger Broschüre

Außerdem könne der Kläger keinen Schadensersatz gegenüber der Bundesagentur geltend machen, weil diese in ihrer Broschüre nicht auf eine mögliche Sperrzeit hingewiesen hat. Der Kläger hätte sich nicht auf die Broschüre allein verlassen können und keine weitergehende Beratung gewünscht.

Im Ergebnis muss der Kläger eine zwölfwöchige Sperrzeit hinnehmen, weil er sein Arbeitsverhältnis selbst gelöst hatte und hierfür keinen wichtigen Grund hatte.

Kommentar:

Das Urteil ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Wer sein unbefristetes Arbeitsverhältnis aus eigenem Willen hergibt, ist nicht schutzwürdig und muss eine Sperrzeit hinnehmen. Der Arbeitnehmer ist insofern mit einem vergleichbar, der einen Aufhebungsvertrag unterschrieben hat. 

Wer ein unbefristetes Arbeitsverhältnis beenden will, muss sich vom Arbeitgeber kündigen lassen. Wer selbst die Axt an sein Arbeitsverhältnis legt, kann nicht mit der uneingeschränkten Solidarität der Gemeinschafft rechnen.

Strategische Überlegungen

Im vorliegenden Fall scheinen die Arbeitsvertragsparteien darauf gesetzt zu haben, dass der Arbeitnehmer nach Ablauf der Altersteilzeit noch den 24monatigen Anspruch auf Arbeitslosengeld I ausschöpfen soll, um anschließend in Rente zu gehen. Dies funktioniert nur um den Preis einer Sperrzeit.

Möchte man diese in Kauf nehmen, so sollte man als Arbeitnehmer darauf achten, dass die Sperrzeit durch eine entsprechende Abfindung abgefedert wird. Diese muss mindestens den Sperrzeitzeitraum finanziell abdecken.

Zu beachten ist außerdem, dass sich das Arbeitslosengeld aus dem letzten Entgelt berechnet, also des geminderten Entgelts aus dem Altersteilzeitarbeitsverhältnis.

Individuelle Beratung unerlässlich

Unabhängig von derartigen taktischen Überlegungen sollte der Arbeitnehmer stets darauf achten, dass die Brücke der Altersteilzeit bis in die Rente reicht. Hier empfiehlt sich eine kompetente Beratung. Hier gilt es die oben genannten Klippen zu umschiffen. 

Deshalb konnte sich der Arbeitnehmer im vorliegenden nicht auf einen fehlenden Hinweis in einer Broschüre berufen. Diese ersetzt keine individuelle Beratung. Eine solche ist jedoch bei einer derart wichtigen Entscheidung unentbehrlich.

Keine Sperrzeit bei Fremdverschulden

Anders ist selbstverständlich der Fall zu beurteilen, dass sich im Laufe der Altersteilzeit das Renteneintrittsalter heraufgesetzt wird. 

Sofern der Gesetzgeber keine Vertrauenstatbestände schafft, wird man eine so entstehende Lücke nicht dem Arbeitnehmer vorwerfen können. Hier tritt also keine Sperrzeit ein.

Fazit

Im Ergebnis sollten sich Arbeitnehmer gründlich informieren, wenn sie ihre individuelle Brücke in die Rente bauen. Dabei sollten sie sich nicht vom Arbeitgeber unter Druck setzen und sich ihr unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht abhandeln lassen. Das Risiko tragen sie letztlich allein.

Dr. Till Bender - Nürnberg

 

 

Rechtliche Grundlagen

Ruhen bei Sperrzeit § 159 SGB III

§ 159 SGB III - Ruhen bei Sperrzeit

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1. die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),