Wenn es beim Gang zu einer Raucherpause zu einem Zusammenstoß mit einem Gabelstapler kommt, liegt kein Arbeitsunfall vor. Da das Einlegen einer Zigarettenpause dem privaten Bereich zuzuordnen ist, besteht kein Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung. Zu diesem Ergebnis kam das Sozialgericht (SG) Karlsruhe in seiner Entscheidung vom 27.10.2015.
Zunächst unklar, wohin die Arbeitnehmerin ging
In der Unfallsofortmeldung wurde angegeben, dass sich die Monteurin auf dem Weg zu einer Raucherpause befunden habe. Dem widersprach die Monteurin jedoch später. Sie gab an, auf dem Weg zur Toilette gewesen zu sein. Da der Vorfall nicht als Arbeitsunfall anerkannt wurde, erhob sie Klage.
Nach den Feststellungen des Sozialgerichts Karlsruhe befand sich die Klägerin auf dem Weg zur Raucherpause. In der Montagehalle wurde sie von einem Gabelstapler angefahren und zog sich eine Quetschung des rechten Fußes zu.
Der Unfall ereignete sich 15 Minuten vor Beginn ihrer regulären Pause, als sie ihren Montagearbeitsplatz verließ und unaufmerksam den Fahrweg des Gabelstaplers betrat.
Toilettengang unfallversichert – Gang zur Raucherpause nicht
In seiner Entscheidung führte das SG Karlsruhe im Hinblick auf die Argumentation der Klägerin aus, dass es zwar richtig sei, das der Gang zur Toilette, um die Notdurft zu verrichten, von der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst wird.
Dies ergebe sich daraus, dass Versicherte durch die Anwesenheit im Betrieb gezwungen seien, ihre Notdurft an diesem Ort zu verrichten. Im Übrigen, so die Richter*innen der 4. Kammer des SG Karlsruhe, handele es sich bei der Notdurft in der Regel um eine unaufschiebbare Handlung, die der Fortsetzung der Arbeit direkt im Anschluss diene und somit im Interesse des Arbeitgebers liege.
Anders jedoch sei dies bei einem Gang zur Raucherpause zu beurteilen. Das Einlegen einer Zigarettenpause sei grundsätzlich dem privaten Bereich zuzuordnen. Der Klägerin sei es nicht gelungen nachzuweisen, dass sie sich auf dem Weg zur Toilette befand. Das Vorliegen eines Arbeitsunfalls habe daher nicht bewiesen werden können.
Beabsichtigte Toilettenpause wurde nicht nachgewiesen
Nach Ansicht des SG sei eher von einem Gang zur Zigarettenpause vor Beginn der regulären Pausenzeit auszugehen. Unterstützt sei diese Annahme durch die Unfallsofortmeldung.
Überdies habe die Klägerin zum Unfallzeitpunkt eine Zigarettenpackung bei sich geführt. Dieser Umstand allein spreche zwar nicht dafür, dass die Klägerin auch eine Raucherpause habe einlegen wollen. Der zeitliche Ablauf habe aber dafür gesprochen. Denn die Klägerin habe ihren Arbeitsplatz verlassen, weil es zu einem Produktionsstillstand gekommen war.
Das Aufsuchen der Toilette hätte aber keinen nahtlosen zeitlichen Anschluss an die erst in 15 Minuten beginnenden reguläre Pause ermöglicht. Darüber hinaus habe der von der Klägerin eingeschlagene Weg die kürzeste Strecke zum nächsten Raucherbereich dargestellt.
Anmerkung:
Arbeitnehmer*innen sind in der gesetzlichen Unfallversicherung auf dem „unmittelbaren Weg von zuhause zum Arbeitsplatz und zurück“ und auf dem „Dienstweg“ versichert. Der Versicherungsschutz ist jedoch ausgeschlossen, wenn ein privates Ziel verfolgt wird, das nicht dem Unternehmen dient.
In der Unfallsofortmeldung wurde angegeben dass die Klägerin eine Raucherpause einlegen wollte. Erst zu einem späteren Zeitpunkt korrigierte die Klägerin die Angaben dahingehend, dass ein Gang zur Toilette geplant war.
Der Arbeitnehmer trägt die Feststellungslast dafür, ob ein (versicherter) Gang zur Toilette vorliegt, wenn er seinen Arbeitsplatz verlassen hat und dann streitig ist, ob er zur Raucherpause oder zur Toilette gehen wollte.
Da die Klägerin die Indizien nicht entkräften konnte wonach zunächst eine Raucherpause geplant war, ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen. Unerheblich für dieses Ergebnis ist es, wenn der zurückzulegende Weg zur Toilette und Raucherraum identisch ist und es naheliegt, dass nach der Raucherpause noch eine reguläre Pausenzeit verbracht oder eine Toilettenpause eingelegt werden sollte.