Noch kürzlich war das Bundessozialgericht bei seiner harten Linie zur Nachweispflicht bei fortlaufender Arbeitsunfähigkeit verblieben. Jetzt könnte ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zumindest teilweise Abhilfe schaffen. Die Bundesregierung brachte den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG) in den Bundestag ein. Als Problem und Ziel sind definiert die bedarfsgerechte, flächendeckende und gut erreichbare medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten weiter auf hohem Niveau sicherzustellen. Der Gesetzesentwurf sieht neben vielen anderen Punkten auch eine Änderung bei der Regelung zum Krankengeld vor, die eine Versorgungslücke schließen und eine notwendige Absicherung der Betroffenen leistungsrechtlich gewährleisten soll.
Bisherige Fassung des § 46 SGB V
Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn sie arbeitsunfähig sind. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht bei stationärer Behandlung von ihrem Beginn an; im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. So der aktuelle Wortlaut von § 46 des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V). Die Anknüpfung an den Tag, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt, kann zu Lücken im Bezug von Krankengeld führen oder sogar die weitreichende Konsequenz haben, dass die Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld ganz endet. Das hat die Bundesregierung offenbar erkannt.
Geplante Neufassung des § 46 SGB V
§ 46 SGB V soll so gefasst werden, dass der Anspruch auf Krankengeld bei stationärer Behandlung von ihrem Beginn an entsteht; „im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an.“
Es soll zudem folgender Satz eingefügt werden: „Der Anspruch auf Krankengeld bleibt bestehen, wenn nach dem Ende der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit deren Fortdauer wegen derselben Krankheit am nächsten Arbeitstag, der ein Werktag ist, ärztlich festgestellt wird.“
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – Fallstricke bei jetziger Gesetzes- und Rechtslage
Die Neufassung des § 46 SGB V soll bewirken, dass der Anspruch auf Krankengeld bestehen bleibt, wenn nach dem Ende der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit deren Fortdauer wegen derselben Krankheit erst am nächsten Arbeitstag, der ein Werktag ist, ärztlich festgestellt wird. Damit sollen die Probleme gelöst werden, die sich in der Praxis bei der verspäteten Ausstellung von Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigungen zeigen. Nach derzeitiger Rechtslage sind die Versicherten gehalten, eine Folgekrankheitsbescheinigung spätestens ab dem Tag vor dem Ablauf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Solange ein Versicherter in einem Beschäftigungsverhältnis steht, hat eine verspätet ausgestellte Folgebescheinigung die Wirkung, dass er für die Tage, für die keine Arbeitsunfähigkeit attestiert ist, kein Krankengeld erhält. Versicherte, deren Mitgliedschaft allein aufgrund des Bezugs von Krankengeld andauert, müssen jedoch unbedingt spätestens am letzten Tag des Gültigkeitszeitraums der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ihre Krankschreibung beim Arzt verlängern lassen, denn ansonsten endet die Mitgliedschaft als Versicherungspflichtiger mit Anspruch auf Krankengeld zu dem Zeitpunkt, an dem die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung endet.
Die Regierung hat erkannt, dass Versicherte in der Praxis oftmals unverschuldet und ohne genaue Kenntnis über die Rechtslage in diese Situationen geraten. Sie sollen zukünftig den Anspruch auf Krankengeld behalten, soweit die Folgebescheinigung über Arbeitsunfähigkeit am nächsten Arbeitstag, der ein Werktag ist, ausgestellt wird. Damit soll der nahtlose Leistungsbezug sichergestellt werden. Darüber hinaus soll für die Versicherten ihre Mitgliedschaft als Versicherungspflichtige aufgrund des Krankengeldbezugs erhalten bleiben.
Anmerkung der Redaktion:
Ein Termin für die Lesungen im Bundestag gibt es unserer Kenntnis nach noch nicht. Es ist davon auszugehen, dass das Gesetz wie im Entwurf vorgesehen beschlossen werden wird, aber es werden zunächst andere gesundheitspolitische Fragen vorgezogen.
Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass die Regierung auf die unserer Ansicht nach sehr bedenkliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts reagiert. Ob damit alle Problemfelder gelöst werden, erscheint jedoch noch zweifelhaft. Die Folgen einer Neuregelung sind der Begründung zum Gesetzesentwurf zumindest nicht umfassend zu entnehmen.