Der Gesetzgeber war gefordert, die Regelung zur Freigrenze bei Betriebsrenten zu ändern. Copyright by Adobe Stock/playstuff
Der Gesetzgeber war gefordert, die Regelung zur Freigrenze bei Betriebsrenten zu ändern. Copyright by Adobe Stock/playstuff

Neumann hat das Ende des Arbeitslebens herbeigesehnt. Er hat sich fest vorgenommen, von nun an entspannter zu leben und sich nicht so schnell aufzuregen. Er weiß, dass von der gesetzlichen Rente Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge einbehalten werden. Durch regelmäßige Rentenauskunft der DRV überrascht ihn auch sein Rentenbescheid nicht.
 
Ab dem 1. Oktober 2019 ist er Altersrentner. Sein Arbeitgeber hatte ihm schon vor 25 Jahren eine Betriebsrentenzusage gemacht. Nun hat er Neumann aufgefordert, den Rentenbescheid vorzulegen, damit auch die Betriebsrente gezahlt werden kann. Immerhin 250 €. Aber das schöne Zubrot schmilzt noch zusammen.
 

Volle Beitragspflicht von Betriebsrenten in der Kranken- und Pflegeversicherung

Egal, ob Betriebsrente oder Kapitalauszahlung der Altersversorgung, diese Bezüge sind beitragspflichtige Versorgungsbezüge. Was Neumann - wie viele andere auch  - nicht wusste: es wird nicht nur ein Arbeitnehmerbeitrag fällig, sondern der volle Satz. 2019 betrug der allgemeine Krankenversicherungssatz 14,6 %, durchschnittlich wurde 0,9 % Zusatzbeitrag erhoben. 2019 wurde der Pflegeversicherungsbeitrag auf 3,05 % angehoben. Neumann hat keine Kinder, sodass sich dieser Beitrag noch um 0,25 % auf 3,3 % erhöht.
 
Damit werden von seiner Betriebsrente folgende Beiträge fällig:
                                                                                     250,00 €
abzüglich 14, 6 % Krankenversicherung 36,50 € plus
0,9 % Zusatzeitrag in Höhe von 2,25 € KV-Beitrag                   38,75 €
3,3 % Pflegeversicherung                                                    8,25 €
gleich Gesamtbeiträge                                                      47,00 €
Betriebsrente nach Abzug der Beiträge                                   203,00 €


Freigrenze bei höherer Betriebsrente wirkungslos

Bis 2019 profitierten nur diejenigen Rentner von der bestehenden Freigrenze, wenn die Rente so klein war, dass sie unter der Freigrenze blieb. Diese Grenze war abhängig von der sogenannten Bezugsgröße nach § 18 SGB 4 und betrug davon 5 %. 2019 waren das 155,75 €. Wer eine Betriebsrente unter diesem Betrag erhielt, zahlte keine Beiträge. Wurde die Grenze nur um 1 € überschritten, dann fiel der komplette Beitrag an.
 
Es gab viele Gerichtsverfahren um diese Beitragspflicht, sie wurde aber im Grundsatz abgesegnet. Da war also nur noch politisch etwas zu ändern.
 

Ab 2020 gilt in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Freibetrag statt der Freigrenze

Durch das GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz wurde aus der Freigrenze nun ein Freibetrag. Die Berechnung erfolgt gleich, im Jahr 2020 beträgt wegen Erhöhung der Bezugsgröße der Freibetrag 159,25 €. Die Freibeträge kommen jedem Betriebsrentner zugute, so auch Neumann.
 
Ab 1.1.2020 sieht die Berechnung wie folgt aus:
 
                                                                                   250,00 €
abzüglich Freibetrag von 159,25 €                                      90,75 €
 
abzüglich 14, 6 % Krankenversicherung 13,24 € plus
Zusatzbeitrag (durchschnittlich 1,1, % gestiegen) KV-Beitrag  14,23 €
 
Leider hat der Gesetzgeber bei der Pflegeversicherung die Freigrenzen-Regelung beibehalten, sodass die Pflegeversicherung sich von den 250 € berechnet.
 
abzüglich 3,3 % Pflegeversicherung                                     8,25 €
gleich Gesamtbeiträge                                                    22,48 €
Betriebsrente nach Abzug der Beiträge                                 227,52 €
 
Das ergibt immerhin einen geringeren Beitrag von 24,52 € pro Monat.
 
Das Gesetz gilt ab Januar.2020 sowohl für Alt-, wie für Neurentner.
 

Der Ertragsanteil der gesetzlichen Rente ist steuerpflichtig

Renten sind steuerpflichtig. Neumann muss von seiner gesetzlichen Rente den sogenannten Ertragsanteil versteuern. Dieser Anteil lässt sich durch Tabellen ermitteln. Wer 2019 in Rente geht, muss von seiner Rente 78 % versteuern.
Der Gesetzgeber hatte eine nachgelagerte Besteuerung eingeführt. Jedes Jahr steigt der Ertragsanteil um 2 % bis er im Jahr 2040 auf 100 % angestiegen ist. Im Gegenzug können Arbeitnehmer Beiträge für die Altersvorsorge ebenfalls entsprechend des von Jahr zu Jahr steigendem Prozentsatzes von der Steuer absetzen, sodass eine Verlagerung der Besteuerung auf die Rentenzeit erfolgt. Arbeitnehmer können also im Jahr 2019 78 % ihrer Rentenbeiträge und sonstiger Beiträge zur Altersvorsorge von der Steuer absetzen. Im Jahr 2040 dann 100 %.
 
Neumann hat eine Bruttorente von 1.500 €. Das sind im Jahr 18.000 €, wovon der Ertragsanteil 78 % beträgt. 14.040 € unterliegen also der Besteuerung.
 

Die Betriebsrente ist voll steuerpflichtig

Die Betriebsrente stellt einen Teil der vom Arbeitgeber erbrachten Gegenleistung für die geleistete Arbeit des Arbeitnehmers dar. Folglich zählt sie als Bezug aus dem früheren Dienstverhältnis zum Arbeitslohn und unterliegt dem Lohnsteuerabzug nach den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen. Also muss Neumann auch für die Betriebsrente Steuern zahlen.
Auszahlungen aus Direktversicherungen sind ebenfalls voll steuerpflichtig und als sogenannte sonstige Einkünfte zu versteuern.
 
Die Auswirkungen sind meist nicht so drastisch, da der persönliche Steuersatz im Alter deutlich geringer ist als während des aktiven Erwerbslebens. Es gibt den Grundfreibetrag, der in 2019 für Singles 9.168 € betrug. Durch gesonderte Freibeträge bleibt noch mehr steuerfrei. Bleibt ein zu versteuerndes Einkommen über diesem Grundfreibetrag, fällt Steuer an. Ergibt sich z.B. ein zu versteuerndes Einkommen von 12.400 € sind 554 € Einkommensteuer fällig, daneben evtl. Kirchensteuer und der Soli-Beitrag.
Kommen andere Einkünfte dazu, oder gibt es einen verdienenden Partner, muss mit einer deutlicheren Nachzahlung von Steuern gerechnet werden.
 

Neuregelung war überfällig

Hier war der Gesetzgeber dringend gefordert, eine Regelung, die so vielfach als ungerecht empfunden wurde, zu entschärfen. Dies umso mehr, als Arbeitnehmer*innen vermehrt geraten wurde, privat vorzusorgen. Wenn dann aber die Vorsorge durch erhöhte Beiträge so entwertet wird, fühlen sich die Betroffenen getäuscht.

Rechtliche Grundlagen

§ 229 Absatz 1 SGB V: Versorgungsbezüge als beitragspflichtige Einnahmen
(1) Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden,
1.Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen; außer Betracht bleiben
a)
lediglich übergangsweise gewährte Bezüge,
b)
unfallbedingte Leistungen und Leistungen der Beschädigtenversorgung,
c)
bei einer Unfallversorgung ein Betrag von 20 vom Hundert des Zahlbetrags und
d)
bei einer erhöhten Unfallversorgung der Unterschiedsbetrag zum Zahlbetrag der Normalversorgung, mindestens 20 vom Hundert des Zahlbetrags der erhöhten Unfallversorgung,
2.Bezüge aus der Versorgung der Abgeordneten, Parlamentarischen Staatssekretäre und Minister,
3.Renten der Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet sind,
4.Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte mit Ausnahme einer Übergangshilfe,
5.Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung; außer Betracht bleiben Leistungen aus Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes sowie Leistungen, die der Versicherte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleiniger Versicherungsnehmer aus nicht durch den Arbeitgeber finanzierten Beiträgen erworben hat.