Die Direktversicherung wird zurecht oft kritisiert. Auch wir haben schon darüber berichtet, dass sich die Direktversicherung im Ergebnis nicht immer lohnt. Zum richtigen Verlustgeschäft wird sie bei Langzeitbezug von Kranken- und Arbeitslosengeld. Denn durch die Reduzierung des Bruttoentgelts gibt es nachher weniger Leistung.
Streit mit der Krankenkasse
Das konnte ja keiner wissen: drei Monate nach Zahlung des Einmalbetrags in die Direktversicherung erkrankte Neumann schwer. Es wurde Krankengeld bewilligt. Da Neumann absehen konnte, dass er die Höchstdauer von 78 Wochen wohl voll wird ausschöpfen müssen, schaute er genau hin. Da er bei ganz ähnlichem Verdienst schon einmal kurz Krankengeld erhalten hatte, wunderte ihn die neue, viel niedrigere Berechnung.
Wird die Höhe des Krankengelds festgestellt, ist dies ein Verwaltungsakt gegen den Widerspruch eingelegt werden kann. Oft findet sich die entsprechende Belehrung in kleinem Druck irgendwo am Ende.
Leistungen gibt es nur von Beiträgen
Eigentlich ganz einfach, nur das was „versichert“ ist, wird berücksichtigt. Und das sind beim Arbeitslohn eben die Zahlungen von denen Beiträge für Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung- und Arbeitslosengeldbeiträge gezahlt werden. Nicht berücksichtigt werden z.B. steuerfreie Nachtschichtzuschläge, Spesen etc. und eben auch nicht Leistungen zur Direktversicherung.
Neumann hatte normal 4.900 € als monatliches sozialversicherungspflichtiges Bruttoentgelt. In dem Monat mit der Einmalzahlung in die Versicherung schrumpfte das Entgelt auf 3.100 €. Was bedeutet das für das Krankengeld?
Krankenkasse berechnet fehlerhaft
Die Krankenkasse berechnete zunächst das Krankengeld nur von dem vertraglich vereinbarten Bruttoentgelt. Das war falsch, denn Neumann hatte noch oft erhebliche Zulagen für Bereitschaftszeiten etc., so dass sich ein unregelmäßiger monatlicher Bruttoverdienst ergab. Der erste Schritt der Krankenkasse war dann richtig, dass man nicht mehr auf einen Monat abstellte, sondern den Arbeitslohn der letzten drei Monate zugrunde gelegt hat. Dieser Wert wird durch 90 Tage geteilt um einen Tagesbruttowert zu erhalten. Leider befand sich in diesen drei Monaten auch genau der Monat mit dem niedrigen Brutto durch die Zahlung an die Direktversicherung.
Nach Akteneinsicht, die nur aus Berechnungstabellen bestand, stellte sich heraus, dass die Krankenkasse diesen Einmalbetrag doppelt negativ bewertet hat.
Was war passiert?
Der Arbeitgeber hatte die Einmalzahlung in der Verdienstbescheinigung zweimal ausgewiesen. Einmal, indem er nicht das normale Brutto des Monats aufführte, sondern das reduzierte. Zudem hatte man noch am vorgegebenen Punkt in der Verdienstbescheinigung angegeben, dass Neumann eine Einmalzahlung an die Versicherung geleistet hat. Krankenkassen fragen ungern bei Arbeitgebern nach, die etwas digital melden. So kommt es uns jedenfalls vor. Im Widerspruchsverfahren wurde dann geklärt, dass die Einmalzahlung nicht den Durchschnitt der drei Monate senken durfte, da sie ja für ein Jahr gezahlt wurde. Es macht ja rechnerisch einen Riesenunterschied, ob ich einen Tagessatz berechne und 1.800 € fehlen bei 3 Monaten oder bei 12 Monaten: 1.800 € : 90 Tage reduziert das durchschnittliche Brutto um 20 € täglich; bei 1.800 € : 360 Tage um 5 €. Das macht sich bei der Höhe des Krankengeldes deutlich bemerkbar.
Einmalbetrag wie umgekehrte Sonderzahlung
Hätte Neumann beispielsweise eine Sonderzahlung vom Arbeitgeber in den drei Monaten erhalten in Höhe von 1.800 €, so wäre dies rausgerechnet worden. Sonst käme bei gleichem Verdienst ja ein völlig unterschiedliches Krankengeld heraus, je nachdem, ob man nach einem Monat mit Sonderzahlung krank wurde. Die Sonderzahlung wird also rausgerechnet und dann durch 360 Tage geteilt, um einen Tagessatz zu erhalten. Das sind hier 5 €, welche zu dem obigen Satz hinzukommen.
Bei der Einmalzahlung in die Direktversicherung geht man im Prinzip den gleichen Weg. Nur hier rechnet man die 1.800 € im Dreimonatszeitraum hinzu, und ermittelt einen Tagessatz. Diese 5 € kürzen dann den durchschnittlich ermittelten Tageswert.
Nachzahlung und höheres Krankengeld
Nach Korrektur der Abrechnung erhielt Neumann pro Tag deutlich mehr als 8 € netto Krankengeld zusätzlich. Für die Vergangenheit gab das schon eine Nachzahlung von über 2.000 € und für die Zukunft macht dies noch mal ebenso viel aus. Er hat insgesamt 72 Wochen Krankengeld bezogen.
Niedrigeres Brutto = niedrigeres Krankengeld
Nunmehr wurde richtig korrigiert und dennoch hat Neumann durch die Einzahlung einen Verlust an Sozialleistungen. Nach unserem Beispiel hätte Neumann täglich ja 5 € brutto mehr tägliches Bruttoentgelt gehabt. Das muss auf das Netto runtergerechnet werden. Nehmen wir an, das sind 3 € am Kalendertag. Der Höchstsatz beim Krankengeld begrenzt dies auf 90 %, das sind 2,70 € minus der auch für Krankengeld zu zahlenden Beiträge um die 12 % 0,32 € = 2,38 €. Um diesen Betrag ist das täglich gezahlte Krankengeld niedriger. Macht bei 72 Wochen-( Krankengeld gibt es für 78 Wochen, abzüglich der 6 Wochen Lohnfortzahlung) x 7 Tagen ca. 1.200 € weniger Krankengeld.
Bei dieser Berechnung ist egal, ob die Zahlung an die Direktversicherung durch monatliche Beträge erfolgt, oder wie hier durch Einmalzahlung. Nur bei Einmalzahlung ist die Fehlerquelle bei der grundsätzlichen Berechnung sicher höher, wie Neumanns Fall zeigt.
Berechnung des Arbeitslosengeldes
Neumann hat zwar die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung beantragt, das Verfahren zieht sich jedoch hin, so dass er nach Endes des Krankengeldes Arbeitslosengeld beantragt und auch erhält. Auch hier führt das reduzierte Brutto zu einer niedrigeren Leistung.
1.800 € im Jahr weniger Bruttolohn machen 150 € weniger brutto im Monat aus. Das führt bei Neumann, Single ohne Kind, dazu, dass ihm 1,50 netto weniger Arbeitslosengeld pro Tag gezahlt werden. Bleibt er die vollen zwei Jahre arbeitslos, beträgt der Verlust über 1.000 €.
Das sagen wir dazu:
Private Vorsorge ist bei zu erwartenden niedrigen Renten sicher notwendig. Weniger Brutto, wie bei Zahlungen in die Direktversicherung, heißt aber immer auch weniger Leistung. Und wie Neumanns Fall zeigt, führen irgendwelche Besonderheiten schnell zu einer falschen Berechnung.
Daher dieser Aufruf, beachten Sie die Widerspruchsfrist und lassen gegebenenfalls die Bescheide überprüfen. Dem reinen Bescheid sieht man nicht an, ob er richtig ist.
Das sagen wir dazu