Trick - aber nicht erfolgreich
Trick - aber nicht erfolgreich


Die Idee war so simpel wie genial. Warum für die Beschäftigten eines Gartenbauunternehmens Beiträge zur Sozialversicherung abführen, wenn es auch anders und viel eleganter geht? Flugs motivierte der Ehemann der Unternehmerin drei rumänische Staatsangehörige, die auf verschiedenen Baustellen beschäftigt waren, eine Offene Handelsgesellschaft (OHG) zu gründen.
Wenn es - so die unternehmerische Überlegung -  ausschließlich Verträge mit einer Personengesellschaft und nicht mit den Beschäftigten gibt, können keine Beiträge zu Sozialversicherung anfallen. Heißa! So spart man Betriebskosten!

Dass

  • die Männer aus Rumänien allenfalls über mangelhafte Deutschkenntnisse verfügten,
  • sie gar nicht wussten, was eine OHG ist und welche Rechte und Pflichten damit verbunden sind,
  • niemand die Schreiben, die die Gesellschaftsgründung betrafen, ins Rumänische übersetzte,
  • die Anschrift der OHG mit der der Unternehmerin identisch war,
  • sich dort auch alle Geschäftsunterlagen befanden und
  • die OHG über keinerlei eigene Geschäftsräume verfügte: Was spielte das alles schon für eine Rolle?

 

Rentenversicherung fordert 46.000 € Beitragsnachzahlungen


Doch dann geschah das Ungeheuerliche. Die Deutsche Rentenversicherung Baden Württemberg behauptete ernsthaft, es liege eine „verschleierte Beschäftigung“ vor. Und nicht nur das. Die Rentenversicherung forderte vom Kreativteam Versicherungsbeiträge in Höhe von mehr als 46.000 € nach.

Da hört der Spaß doch wirklich auf! Dachte sich das Unternehmerduo und klagte vor dem Sozialgericht gegen die Rentenversicherung.

Und dann kam es zu Äußersten: Das Gericht stieß doch tatsächlich  in dasselbe Horn wie die Rentenversicherung! Die mit der OHG geschlossenen Vereinbarungen seien „unwirksame Scheingeschäfte“ gewesen. Die OHG sei nur gegründet worden, „um die jeweiligen Beschäftigungsverhältnisse zu verschleiern“. Und für die Beurteilung, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, seien nicht zur Verschleierung gewählte Rechtsformen, „sondern allein die tatsächlichen Gegebenheiten maßgeblich“.
 

Amtsgericht erlässt Strafbefehl von knapp 20.000 €


Die Unternehmerin und ihr Ehemann trösteten sich damit, dass es hätte noch schlimmer kommen können.  Und es kam schlimmer. Das zuständige Amtsgericht erließ einen Strafbefehl gegen die beiden über eine Geldstrafe von knapp 20.000 €.

Durch dieses Vorgehen macht die deutsche Justiz erschreckend deutlich, dass die Frage nach der Gesetzestreue unternehmerischen Handelns eindeutig überbewertet wird.


Hier finden Sie die Pressemitteilung des Sozialgerichts Heilbronn vom 19.12.2016: