Keine umfassende Vertretungsbefugnis einer SBV im Konzern
Keine umfassende Vertretungsbefugnis einer SBV im Konzern

Die Regelungen über Errichtung und Zuständigkeit der SBV sind denen über Betriebsräte vergleichbar. Bilden bei einem Arbeitgeber mehrere Betriebsräte einen Gesamtbetriebsrat, so wählen nach dem Gesetz auch einzelne SBV eine Gesamtschwerbehindertenvertretung.

Nur eine SBV in neun Konzernunternehmen

Ist in nur einem einzigen Betrieb eine SBV gebildet, so soll diese überdies die Aufgaben einer Gesamtvertretung wahrnehmen. Eine Regelung, wonach die einzige bestehende SBV im Konzern die Aufgaben auch auf der Konzernebene wahrnehmen soll, kennt das Gesetz hingegen nicht.

Der Entscheidung des BAG lag folgende Konstellation zu Grunde: Der betroffene Konzern besteht aus neun einzelnen Unternehmen. Diese verfügen wiederum über verschiedene Betriebe.

In nur einem einzigen dieser Betriebe gibt es eine Schwerbehindertenvertretung. Diese wollte vom Gericht die Frage klären lassen, ob sie die Aufgaben der Konzernschwerbehindertenvertretung wahrnehmen kann und darf.

Gesetzliche Regelung ist nicht übertragbar

Das BAG entschied, dass die Regelung wonach die einzige SBV die Aufgaben der Gesamtschwerbehindertenvertretung wahrnimmt, nicht so auszulegen ist, dass sie auch die Zuständigkeit der Konzernschwerbehindertenvertretung Inne hat.

Aus dem Wortlaut, dem Sinn und dem Zweck sowie dem Zusammenhang ergebe sich, dass der Gesetzgeber bewusst auf eine Erstreckung der Zuständigkeit auf die Konzernebene verzichtet habe. Daher könne die bestehende Regelung nicht übertragen werden.


Die antragstellende SBV hatte unter anderem argumentiert, die Erstreckung ihrer Zuständigkeit sei erforderlich, um alle schwerbehinderten Menschen im Konzern ausreichend zu schützen. Dabei berief sie sich auch auf die UN-Behindertenrechtskonvention.

Das BAG folgte dem nicht. Die UN-Behindertenrechtskonvention gebiete keine andere Auslegung des deutschen Schwerbehindertenrechts. Sowohl das Betriebsverfassungsrecht, als auch das Schwerbehindertenrecht gäben den gewählten Betriebsräten auf verschiedene Weise auf, die Interessen Behinderter zu wahren und ihre Rechte schützen. Behinderte Arbeitnehmer seien daher nicht vertretungslos.

Praxistipp: Gesamtbetriebsrat bilden

Die Ebenen Betrieb, Unternehmen und Konzern sind für Betriebsrat und SBV gleich. Die Bildung eines Gesamtbetriebsrates (GBR) bedarf aber mindestens zweier Betriebsratsgremien in Betrieben des Konzerns. Ein GBR ist dann auch zwingend vorgeschrieben.

Bei Zuständigkeit und Reichweite des einzelnen und einzigen BR im Unternehmen ist zu unterscheiden: Ein Betriebsrat kann immer nur Mitarbeiter seines Betriebes, also seine Wähler, vertreten. Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung mit Wirkung für unternehmensangehörige aber betriebsfremde Arbeitnehmer ist nicht möglich.

Die Mitbestimmung eines Betriebsrats wird hingegen durch Maßnahmen aller Ebenen, also auch der Konzernleitung, ausgelöst, wenn der eigene Betrieb betroffen ist. Ein einzelnes Betriebsratsgremium sollte stets die Bildung eines zweiten im Unternehmen anstreben. Denn der GBR trägt die betriebliche Mitbestimmung auf die Ebene des gesamten Unternehmens.

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: „AiB-Newsletter, Rechtsprechung für den Betriebsrat“ des Bund-Verlags, Ausgabe 8/2016 vom 20.04.2016.

Beschluss des Bundesarbeitsgerichts

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Rechtliche Grundlagen

§ 97 Abs. 1 Satz 2 SGB IX

Konzern-, Gesamt-, Bezirks- und Hauptschwerbehindertenvertretung

(1) Ist für mehrere Betriebe eines Arbeitgebers ein Gesamtbetriebsrat oder für den Geschäftsbereich mehrerer Dienststellen ein Gesamtpersonalrat errichtet, wählen die Schwerbehindertenvertretungen der einzelnen Betriebe oder Dienststellen eine Gesamtschwerbehindertenvertretung. Ist eine Schwerbehindertenvertretung nur in einem der Betriebe oder in einer der Dienststellen gewählt, nimmt sie die Rechte und Pflichten der Gesamtschwerbehindertenvertretung wahr.

(2) Ist für mehrere Unternehmen ein Konzernbetriebsrat errichtet, wählen die Gesamtschwerbehindertenvertretungen eine Konzernschwerbehindertenvertretung. Besteht ein Konzernunternehmen nur aus einem Betrieb, für den eine Schwerbehindertenvertretung gewählt ist, hat sie das Wahlrecht wie eine Gesamtschwerbehindertenvertretung.

(3) Für den Geschäftsbereich mehrstufiger Verwaltungen, bei denen ein Bezirks- oder Hauptpersonalrat gebildet ist, gilt Absatz 1 sinngemäß mit der Maßgabe, dass bei den Mittelbehörden von deren Schwerbehindertenvertretung und den Schwerbehindertenvertretungen der nachgeordneten Dienststellen eine Bezirksschwerbehindertenvertretung zu wählen ist. Bei den obersten Dienstbehörden ist von deren Schwerbehindertenvertretung und den Bezirksschwerbehindertenvertretungen des Geschäftsbereichs eine Hauptschwerbehindertenvertretung zu wählen; ist die Zahl der Bezirksschwerbehindertenvertretungen niedriger als zehn, sind auch die Schwerbehindertenvertretungen der nachgeordneten Dienststellen wahlberechtigt.

(4) Für Gerichte eines Zweiges der Gerichtsbarkeit, für die ein Bezirks- oder Hauptrichterrat gebildet ist, gilt Absatz 3 entsprechend. Sind in einem Zweig der Gerichtsbarkeit bei den Gerichten der Länder mehrere Schwerbehindertenvertretungen nach § 94 zu wählen und ist in diesem Zweig kein Hauptrichterrat gebildet, ist in entsprechender Anwendung von Absatz 3 eine Hauptschwerbehindertenvertretung zu wählen. Die Hauptschwerbehindertenvertretung nimmt die Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung gegenüber dem Präsidialrat wahr.

(5) Für jede Vertrauensperson, die nach den Absätzen 1 bis 4 neu zu wählen ist, wird wenigstens ein stellvertretendes Mitglied gewählt.

(6) Die Gesamtschwerbehindertenvertretung vertritt die Interessen der schwerbehinderten Menschen in Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe oder Dienststellen des Arbeitgebers betreffen und von den Schwerbehindertenvertretungen der einzelnen Betriebe oder Dienststellen nicht geregelt werden können, sowie die Interessen der schwerbehinderten Menschen, die in einem Betrieb oder einer Dienststelle tätig sind, für die eine Schwerbehindertenvertretung nicht gewählt ist; dies umfasst auch Verhandlungen und den Abschluss entsprechender Integrationsvereinbarungen. Satz 1 gilt entsprechend für die Konzern-, Bezirks- und Hauptschwerbehindertenvertretung sowie für die Schwerbehindertenvertretung der obersten Dienstbehörde, wenn bei einer mehrstufigen Verwaltung Stufenvertretungen nicht gewählt sind. Die nach Satz 2 zuständige Schwerbehindertenvertretung ist auch in persönlichen Angelegenheiten schwerbehinderter Menschen, über die eine übergeordnete Dienststelle entscheidet, zuständig; sie gibt der Schwerbehindertenvertretung der Dienststelle, die den schwerbehinderten Menschen beschäftigt, Gelegenheit zur Äußerung. Satz 3 gilt nicht in den Fällen, in denen der Personalrat der Beschäftigungsbehörde zu beteiligen ist.

(7) § 94 Abs. 3 bis 7, § 95 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2, 4, 5 und 7 und § 96 gelten entsprechend, § 94 Abs. 5 mit der Maßgabe, dass die Wahl der Gesamt- und Bezirksschwerbehindertenvertretungen in der Zeit vom 1. Dezember bis 31. Januar, die der Konzern- und Hauptschwerbehindertenvertretungen in der Zeit vom 1. Februar bis 31. März stattfindet.

(8) § 95 Abs. 6 gilt für die Durchführung von Versammlungen der Vertrauens- und der Bezirksvertrauenspersonen durch die Gesamt-, Bezirks- oder Hauptschwerbehindertenvertretung entsprechend.