Kläger im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht war ein Kriminaloberkommissar der Saarländischen Polizei. Er war zwischenzeitlich in Ruhestand getreten, zuvor jedoch längere Zeit dienstunfähig gewesen. Nach seiner Zurruhesetzung beantragte er die Abgeltung von Mehrarbeit die er wegen seiner Erkrankung und der nachfolgenden Zurruhesetzung nicht mehr fristgemäß in Form von Freizeit nehmen konnte. Diesen Antrag lehnte jedoch der Dienstherr ab. Das VG schloss sich der Entscheidung an.
Beamt*innen sind grundsätzlich dazu verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse das erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie in diesem Fall durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit um mehr als ein Achtel über ihre vereinbarte Arbeitszeit hinaus beschäftigt, so regeln die saarländischen Bestimmungen (§ 78 III SBG), dass ihnen innerhalb eines Jahres dafür Dienstbefreiung zu gewähren ist.
Wenn eine Dienstbefreiung nicht möglich ist, kann für einen Zeitraum von bis zu 480 Stunden eine Abgeltung beansprucht werden. Dies gilt aber nur dann, wenn die Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht gewährt werden kann.
Diese Voraussetzungen sah das Verwaltungsgericht beim klagenden Oberkommissar nicht für gegeben an.
Zwingende dienstliche Gründe liegen nämlich nur dann vor, wenn die eigentlich gebotene Dienstbefreiung zu einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung oder Gefährdung des Dienstbetriebes führen würde. Die Freistellung soll damit generell Vorrang haben und nur in Ausnahmefällen versagt werden dürfen.
Gründe für eine ausnahmsweise vorzunehmende Versagung der Freistellung müssen in jedem Fall in der Sphäre des Dienstherrn liegen und der Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes dienen.
Das Gericht stellt dabei fest, dass die Zurruhesetzung des Beamten keinen zwingenden dienstlichen Grund darstellt, denn das Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze liegt nicht in der Sphäre des Dienstherrn und ist auch kein dienstlicher, sondern ein rechtlicher Grund.
Eine Erkrankung - gleich welchen Ursprungs - liegt in der Sphäre des*der Beamt*in
Nichts anderes soll für die davor liegende, länger andauernde Dienstunfähigkeit gelten. Diese Dienstunfähigkeit hatte den Beamten an der Inanspruchnahme des Freizeitausgleichs gehindert. Das Gericht sah darin einen in der Sphäre des Beamten liegenden Grund, der einen Anspruch auf Abgeltung der Mehrarbeit ausschließt.
Auch der Argumentation des Beamten, seine Dienstunfähigkeit sei auf eine jahrelange dienstliche Überlastung zurückzuführen, die zu einer extremen psychischen Belastung und schließlich Erkrankung geführt habe, konnte dabei keine Änderung der Entscheidung herbeiführen. Es aus Sicht des Gericht nämlich nicht darauf an, auf welche Ursachen die Erkrankung oder Dienstunfähigkeit zurückzuführen ist. Eine Erkrankung, gleich welchen Ursprungs liegt nämlich in der Sphäre des Beamten.
Rechtsprechung des EUGH zur Urlaubsabgeltung findet keine Anwendung
Insofern ist auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Abgeltung krankheitsbedingt nicht genommenen Erholungsurlaubes ohne Belang. Zwar vollzieht der EUGH in seiner Rechtsprechung zunehmend eine Annäherung von Arbeitnehmern und Beamten in Fragen von Dienstleistung und Besoldung. Dennoch ist es im Beamtenverhältnis anders als im Arbeitsverhältnis so, dass die Beamtenbesoldung keine Gegenleistung für eine Dienstleistung ist, wie dies im Arbeitsverhältnis angenommen wird.
Die Besoldungspflicht im Beamtenverhältnis resultiert aus dem sog. „hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums“ (Art 33 II GG), der den Dienstherrn dazu verpflichtet, seine Beamten und deren Familien lebenslang amtsangemessen zu alimentieren. Dem steht die lebenslange Treuepflicht des*der Beamt*in gegenüber.
Besoldung und Dienstleistung stehen nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis
Die Besoldung der Beamten wird durch Gesetz festgelegt. Eine Abrechnung von Arbeitsstunden gibt es dabei grundsätzlich nicht. Die Besoldung ist nämlich die von Staat festgesetzte Gegenleistung dafür, dass seine Beamten sich mit ihrer ganzen Persönlichkeit zur Verfügung stellen. Besoldung und Dienstleistung stehen dabei nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis. Auch eine etwaige Mehrleistung ist grundsätzlich mit den Dienstbezügen abgegolten.
Die Mehrarbeitsvergütung soll ausgehend hiervon lediglich einen Ausgleich dafür schaffen, dass ausschließlich aus zwingenden dienstlichen Gründen die grundsätzlich vorgesehene Freistellung nicht erteilt werden kann. Damit tritt die Mehrarbeitsvergütung an die Stelle der in erster Linie geschuldeten Dienstbefreiung und nicht an die Stelle der Mehrarbeit als solcher.
Untrennbarer Zusammenhang zwischen Möglichkeit der Dienstbefreiung und Mehrarbeitsvergütung
Das Gericht weist dabei auf einen untrennbaren Zusammenhang zwischen der Möglichkeit, vom Dienst befreit zu werden, und dem Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung hin. Wenn Dienstbefreiung nicht möglich ist, tritt als Ersatz die Abgeltung an diese Stelle. Wenn ohnehin kein Dienst geleistet wird, wie etwa bei Dienstunfähigkeit, wird dieser Zusammenhang unterbrochen. Wenn also Dienstbefreiung naturgemäß nicht beansprucht werden kann, kommt es auch nicht zu einem Abgeltungsanspruch.
Damit war eine Abgeltung der geleisteten Mehrarbeitsstunden nicht möglich.