Keine Mehrarbeitsvergütung für Düsseldorfer Feuerwehrmann
Ausgehend von einer wöchentlichen Arbeitszeit von 54 Stunden in 24-Stunden-Schichten verrichten viele Feuerwehrleute in NRW ihren Dienst. Rechtsgrundlage hierfür bildet die seit Anfang 2007 geltende Arbeitszeitverordnung Feuerwehr (AZVO Feu NRW) des Landes NRW. Durch eine Richtlinie der Europäischen Union (Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte
Aspekte der Arbeitszeitgestaltung) wurde die Möglichkeit eingeräumt, im Falle des Einverständnisses des Bediensteten von der grundsätzlich vorgesehenen Höchstarbeitszeit von 48 Wochenstunden abzuweichen.
Durch eine seit Juli 2007 geltende gesetzliche Regelung wird den Dienstherren die Möglichkeit der Zahlung eines Betrages von bis zu 20,00 Euro je 24-Stunden-Schicht als Zulage eingeräumt. Ende des Jahres 2006 haben sich alle bei der Stadt Düsseldorf tätigen Feuerwehrleute zur Ableistung einer 54-Stunden-Woche bereit erklärt und erhalten je Schicht eine Zulage von 20,00 Euro.
Erklärung zur wöchentlichen Arbeitszeit von 54 Stunden abgegeben
Mit Datum vom 01.01.2007, also dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Arbeitszeitverordnung, hat der Kläger gegenüber der Berufsfeuerwehr Düsseldorf als Dienstherrn eine von diesem vorformulierte "Erklärung gegenüber dem Dienstherrn zur individuellen Arbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst“ mit folgendem Inhalt abgegeben:
"Die Neufassung der Arbeitszeitverordnung Feuerwehr des Landes Nordrhein-Westfalen (AZVO Feu NRW) begrenzt ab 01.01.2007 die Arbeitszeit unter Berücksichtigung des Bereitschaftsdienstes auf einen Jahresdurchschnitt von 48 Stunden wöchentlich. Erhöhte Arbeitszeiten können unter den Voraussetzungen des § 5 AZVO Feu NRW freiwillig geleistet werden.
In Kenntnis und auf der Grundlage dieser neuen Rechtsvorschrift erkläre ich mich hiermit bereit, ab dem 01.01.2007 eine durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit im feuerwehrtechnischen Schichtdienst von wöchentlich 54 Stunden zu leisten.
Hierzu bin ich allerdings nur unter der Bedingung bereit, dass mir unter dem Vorbehalt der rechtlichen Regelung durch das Land NRW für die zu leistenden Zusatzstunden ab dem 01.01.2007 für jede tatsächlich geleistete 24-Stunden- Schicht eine Pauschale neben der Besoldung gezahlt wird.
Ich wurde darüber informiert, dass ich diese Erklärung zum Ablauf eines Kalenderjahres mit einer Frist von drei Monaten widerrufen kann und dass dieser Widerspruch zur Rechtssicherheit schriftlich erfolgen sollte."
Kläger verlangt Schadensersatz auf Basis der Sätze der Mehrarbeitsvergütungsverordnung
Der Kläger des am 21.08.2015 entschiedenen Verfahrens und seine Kollegen*innen haben Mitte des Jahres 2013 ihre Einverständniserklärung - die sogenannte Opt-Out-Erklärung - widerrufen. Für einen noch nicht verjährten Zeitraum verlangen sie für die über 48 Stunden hinaus geleisteten Stunden unter Anrechnung der erhaltenen Zulage Schadensersatz auf Basis der Sätze der Mehrarbeitsvergütungsverordnung. Die begehrten Beträge befinden sich im vierstelligen Bereich. Begründet wird die Vergütung mit der nicht ordnungsgemäßen Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht.
Mit der möglichen Verfassungswidrigkeit des Gesetzes über die Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in NRW befasste sich das VG Düsseldorf gar nicht, obwohl einiges dafür spricht, dass es gegen das Bestimmungsverbot und den Vorbehalt des Gesetzes sowie auch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Grundgesetz verstößt. Auch blieb das klägerische Argument durch das VG Düsseldorf ohne Beachtung, wonach durch die AZVO Feu NRW die europäische Richtlinie nicht vollständig umgesetzt wurde und somit § 5 AZVO Feu NRW europarechtswidrig ist.
Klageabweisung: Der Kläger hätte seine Einverständniserklärung jeweils zum Ende eines Jahres widerrufen können
Die Abweisung der Klage des Feuerwehrmanns in Höhe von rund 8.500 € durch das VG Düsseldorf, erfolgte deshalb, da der Kläger sich gegenüber seinem Dienstherrn treuwidrig verhalten haben soll. Dies begründete das Gericht damit, dass er über mehr als sechs Jahre aufgrund seiner Einverständniserklärung Dienst im Rahmen einer 54-Stunden-Woche leistete, obwohl er seine Zustimmung jeweils zum Jahresende hätte widerrufen können.
- Anmerkung des Autors:
Verwaltungsgericht stützt Klageabweisung auf Treuwidrigkeit des Klägers und lässt die mögliche europarechtswidrige Umsetzung der EU-Richtlinie außer Betracht.
Die 26. Kammer des VG Düsseldorf scheute offenkundig davor zurück, die nicht unbeachtlichen Argumente des Klägers, im Hinblick auf die von diesem angenommene europarechtswidrige Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht, auf den „Prüfstand“ zu stellen. Da war es schon leichter die Klage aufgrund einer dem Kläger unterstellten Treuwidrigkeit abzuweisen. Dem Kläger kann nur empfohlen werden, das Rechtsmittel der Berufung gegen die erstinstanzliche Entscheidung einzulegen und wenn es sein muss, den Gang durch die Instanzen anzutreten.
Richtlinie eröffnet Möglichkeit der Mehrarbeit über gesetzliche Höchstarbeitszeit
In der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung wurde den Arbeitgebern lediglich Möglichkeit eingeräumt, im Falle des Einverständnisses des Bediensteten von der grundsätzlich vorgesehenen Höchstarbeitszeit von 48 Wochenstunden abzuweichen.
Mehrarbeitsvergütung entspricht nicht dem pflichtgemäßen Ermessen!
Nicht geregelt wurde jedoch, in welcher Weise die Mehrarbeit zu vergüten ist. Die Schichtzulage in Höhe von 20 € wurde einseitig vom Dienstherrn festgelegt und entspricht nicht dem pflichtgemäßem Ermessen des Dienstherrn, da die von diesem einseitig festgelegte „Mehrarbeitsvergütung“ nicht einmal ansatzweise die von den feuerwehrtechnischen Dienst tätigen Beamten*innen zu erbringende Mehrarbeit angemessen vergütet. Auch die Erhöhung der Schichtzulage auf 30 € ab 2014 lässt nicht die Vermutung aufkommen, dass es sich hierbei um eine ermessensfehlerfreie „Mehrarbeitsvergütung“ handeln könnte.