Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen-Anhalt hat der Klage eines Zollbeamten stattgegeben, dem die Polizeizulage gestrichen worden war.
Kläger musste bei Kontrollen Dienstwaffe tragen
Der Kläger ist Zollbeamter in der Besoldungsgruppe A 11 beim Hauptzollamt Magdeburg und dort mit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit befasst. Während seiner Tätigkeit im Außendienst gehörte zu seinen Aufgaben unter anderem die Vollstreckung von Durchsuchungsbeschlüssen und Haftbefehlen sowie Festnahmen von Beschuldigten und Betroffenen.
Diese Aufgaben sind im Regelfall ausschließlich der Polizei vorbehalten. Daher war er, wie Polizeibeamte, mit einer Dienstwaffe ausgestattet.
Nachdem der Amtsarzt festgestellt hat, dass der Kläger für den Außendienst nicht mehr geeignet ist, wurde er in den Innendienst versetzt. Der Gebrauch der Dienstwaffe aus gesundheitlichen Gründen untersagt.
Nach Versetzung war Schusswaffe nicht mehr notwendig
Im Innendienst ist er nun unter anderem zuständig für die Vernehmung von Zeugen und Beschuldigten, die Leitung von Durchsuchungsmaßnahmen sowie die Bearbeitung von Ermittlungsverfahren, also nicht mehr für vollzugspolizeiliche Aufgaben.
Während seiner Tätigkeit im Außendienst erhielt der Kläger eine Stellenzulage für die Wahrnehmung vollzugspolizeilicher Aufgaben. Nachdem dem Kläger der Gebrauch einer Dienstwaffe untersagt worden war, wurde die Zahlung der Zulage eingestellt.
Der Dienstherr begründete die Streichung damit, dass der Kläger nach der Untersagung des Dienstwaffengebrauchs nicht mehr möglich sei, Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs und damit vollzugspolizeiliche Maßnahmen durchzuführen.
Gericht bejaht Anspruch auf Zulage
Das Gericht stellt dagegen fest, dass der Kläger weiterhin einen Anspruch auf die Stellenzulage hat. Nach den Einzelbestimmungen zum Bundesbesoldungsgesetzes haben nämlich Beamte der Zollverwaltung Anspruch auf diese Zulage, die in der Grenzabfertigung verwendet werden.
Gleiches gilt für Beamte in anderen Bereichen, in denen gemäß Bestimmung des Bundesministeriums der Finanzen typischerweise vollzugspolizeilich geprägte Tätigkeiten wahrgenommen werden.
Der Kläger wurde auch nach der Untersagung des Dienstwaffengebrauchs auf demselben Dienstposten im Sachgebiet Finanzkontrolle Schwarzarbeit eingesetzt, daher stehe ihm die Zulage weiter zu.
Entscheidend ist der Dienstposten, nicht die Tätigkeit
Denn der Kläger sei weiterhin in einem Bereich tätig, der von vollzugspolizeilichen Tätigkeiten geprägt ist. Allein deshalb habe er Anspruch auf die Stellenzulage und zwar unabhängig davon, ob er selbst solche Aufgaben im Außendienst wahrnimmt.
Das Gericht sieht, dass diese Wertung im Gegensatz zudem Regelungen des Bundesbesoldungsgesetzes steht, wonach die Gewährung von Zulagen daran gebunden ist, dass der Beamte die Aufgaben auch tatsächlich wahrnimmt.
Denn das Bundesbesoldungsgesetz begründe einen Anspruch auf Zulage für alle im vollzugspolizeilichen Bereich tätigen Zollbeamten, unabhängig von ihrer konkreten Tätigkeit.
Bereichsbezogene Zulage erleichtert Handhabung
Hierdurch werde auch vermieden, dass eine Vielzahl von Dienstposten gegebenenfalls wiederholt darauf hin zu überprüfen sind, ob und für welchen Zeitraum auf ihnen tatsächlich vollzugspolizeiliche Aufgaben wahrgenommen werden.
Dies diene der Verwaltungsvereinfachung und erleichtere der Umsetzung organisatorischer Änderungen sowie den Wechsel von Beamten innerhalb und zwischen den Organisationseinheiten der Zollverwaltung.
Nach Auffassung des Gerichts kommt es auch nicht darauf an, ob die Aufgaben des Klägers im Innendienst ganz oder nur zum Teil vollzugspolizeilichen Charakter haben, es reicht allein aus, dass der Zollbeamte in einem vollzugspolizeilich geprägten Bereich tätig ist.
Das sagen wir dazu:
Die Gewährung einer Zulage ist grundsätzlich an den Dienstposten, auf dem der Beamte ein bestimmtes konkretes Aufgabenfeld eigenverantwortlich wahrnimmt, gebunden.
Dies bedeutet, dass eine Zulage grundsätzlich nur dann gewährt werden kann, wenn dieses Aufgabenfeld genau diejenigen Anforderungen umfasst, für die die Zulage gewährt werden soll, so zum Beispiel, wie hier, vollzugspolizeiliche Anforderungen.
Zudem soll die Zulage nur so lange gezahlt werden, wie der Beamte diese Aufgaben auch tatsächlich wahrnimmt.
Polizeizulage ist eine Ausnahme
Dieses Prinzip wird hier für Zollbeamte, die beispielsweise im Grenzgebiet tätig sind oder deren Bereich vollzugspolizeilich geprägt ist, durchbrochen. Denn hier hat bereits der Gesetzgeber bzw. die oberste Dienstbehörde die Anforderungen an den Tätigkeitsbereich festgeschrieben.
Es kommt also nicht mehr darauf an, für welchen Zeitraum jeder einzelne Beamte diese Tätigkeiten tatsächlich ausgeführt hat. Vielmehr reicht es für einen Anspruch auf eine Stellenzulage aus, dass der Beamte in einem dieser Bereiche tatsächlich tätig ist. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht – zum Teil in Nebensätzen – ebenso gesehen, zuletzt in seiner Entscheidung vom 25.04.2013 (Az. 2 C 39/11).H2: Rechtsprechung uneinheitlich.
Gleichwohl hat sich dies noch nicht überall herumgesprochen: So stellen zum Beispiel der Verwaltungsgerichtshof Bayern in seinem Beschluss vom 07.03.2014 (Az. 14 ZB 12.561) und auch das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein (Urteil vom 29.04.2016, Az. 12 A 223/15 weiter darauf ab, dass es auf die individuelle Wahrnehmung der entsprechenden Aufgaben durch den jeweiligen Beamten ankommt.
Insofern hebt sich die vorliegende Entscheidung des OVG Sachsen-Anhalt im Sinne der betroffenen Zollbeamten wohltuend ab und knüpft wieder an die Maßgaben des Bundesverwaltungsgericht an.
Rechtliche Grundlagen
§ 42 Bundesbesoldungsgesetz Amtszulagen und Stellenzulagen
(1) Für herausgehobene Funktionen können Amtszulagen und Stellenzulagen vorgesehen werden. Sie dürfen 75 Prozent des Unterschiedsbetrages zwischen dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe des Beamten, Richters oder Soldaten und dem Endgrundgehalt der nächsthöheren Besoldungsgruppe nicht übersteigen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
(2) Die Amtszulagen sind unwiderruflich und ruhegehaltfähig. Sie gelten als Bestandteil des Grundgehaltes.
(3) Die Stellenzulagen dürfen nur für die Dauer der Wahrnehmung der herausgehobenen Funktion gewährt werden. Wird dem Beamten, Richter oder Soldaten vorübergehend eine andere Funktion übertragen, die zur Herbeiführung eines im besonderen öffentlichen Interesse liegenden unaufschiebbaren und zeitgebundenen Ergebnisses im Inland wahrgenommen werden muss, wird für die Dauer ihrer Wahrnehmung die Stellenzulage weiter gewährt; sie wird für höchstens drei Monate auch weiter gewährt, wenn die vorübergehende Übertragung einer anderen Funktion zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Behördenbereichs, in dem der Beamte, Richter oder Soldat eingesetzt wird, dringend erforderlich ist. Daneben wird eine Stellenzulage für diese andere Funktion nur in der Höhe des Mehrbetrages gewährt. Die Entscheidung, ob die Voraussetzungen des Satzes 2 vorliegen, trifft die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle.
(4) Die Stellenzulagen sind widerruflich und nur ruhegehaltfähig, wenn dies gesetzlich bestimmt ist.
Das sagen wir dazu