Das Verwaltungsgericht Augsburg hat Auflagen für unwirksam erklärt, die der Freistaat Bayern einer Rechtsreferendarin aufgrund ihres Kopftuches gemacht hatte.
Staatsanwalt nur ohne Kopftuch?
Die Klägerin war Rechtsreferendarin und in dieser Funktion von Oktober 2014 bis Ende Mai 2015 am Amtsgericht Augsburg beschäftigt. Diese Tätigkeit bei einem Amtsgericht bzw. der Staatsanwaltschaft ist notwendiger Bestandteil der Juristenausbildung.
Als sie im September 2014 eingestellt worden war, hatte ihr das zuständige Oberlandesgericht München verboten, ihr Kopftuch zu tragen, wenn sie als Staatsanwältin oder Richterin öffentlich in Erscheinung tritt. Dies ist der Fall, wenn die Referendarin als Staatsanwältin in der Hauptverhandlung auftritt oder als Richterin Zeugen vernimmt.
Gegen diese Auflage hat die Klägerin Anfang April 2015 Klage erhoben. Sie wollte festgestellt wissen, dass das Verbot, im Dienst ein Kopftuch zu tragen, rechtswidrig ist.
Keine Rechtsgrundlage für die Einschränkung
Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Verbot sei bereits deswegen unwirksam, weil es keine ausreichende Rechtsgrundlage für eine solche Maßnahme gebe, die die Klägerin in ihren Rechten beschränkt.
Im Freistaat Bayern existiere kein Gesetz, welches Rechtsreferendare zu einer weltanschaulich-religiösen Neutralität verpflichte. Da das Kopftuchverbot aber die grundrechtliche geschützte Religionsfreiheit einschränke, müsse diese Einschränkung von Gesetzgeber selbst vorgenommen werden.
Da es an einem Gesetz fehle, das Neutralität von Referendaren einfordert oder das Kopftuch als solches verbietet, sei der Grundrechtseingriff rechtswidrig. Das Verwaltungsgericht stützte sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Thematik.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen.
Anmerkung:
In Bayern gehen die Uhren bekanntlich anders. Dies gilt insbesondere für die Religionsfreiheit, wie die bundesdeutsche Öffentlichkeit spätestens seit dem Aufschrei der Staatsregierung gegen das Kruzifix-Urteil des Bundesverfassungsgerichts weiß. Und bis heute hängen in bayerischen Gerichtssälen Kreuze.
Beim Kopftuch dagegen ist man weniger tolerant, wie der vorliegende Fall beweist. Es ist daher erfreulich, dass das Verwaltungsgericht der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts folgt, wonach wesentliche Entscheidungen, insbesondere wenn sie Grundrechte betreffen, vom Gesetzgeber selbst getroffen werden müssen.
Die Referendarin hat inzwischen eine weitere Klage auf Zahlung einer Entschädigung wegen Diskriminierung erhoben. Der Fall wird also die deutschen Gerichte mit Sicherheit noch eine Zeit lang beschäftigen.
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