Zweifel an den Folgen von Brustimplantaten schließen die gesundheitliche Eignung für den Polizeidienst nicht aus.
Zweifel an den Folgen von Brustimplantaten schließen die gesundheitliche Eignung für den Polizeidienst nicht aus.

Der Anfang der Geschichte liegt schon eine Weile zurück: Im Herbst 2013 hatte sich die Frau für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen beworben. Sie war aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt worden und wehrte sich dagegen  - drei Jahre lang, denn erst jetzt liegt eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts vor. Weich gepolstert, aber hart gesotten. 

Ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit 

Wie alle Bewerber*innen musste sich die Klägerin einer Untersuchung unterziehen. Diese ist Teil des Auswahlverfahrens für den Polizeidienst: www.auswahlverfahren-polizei.de/auswahlverfahren/

Ergebnis der ärztlichen Untersuchung war eine Untauglichkeit für den Polizeidienst. Insbesondere bei körperlichen Gewaltanwendungen sei ein Reißen nicht auszuschließen, so die Begründung. Außerdem könnten gesundheitliche Komplikationen im Zusammenhang mit den Implantaten eine vorzeitige Dienstunfähigkeit zur Folge haben.

Sachverständigengutachten: Silikonimplantate stellen Eignung nicht infrage 

Das Verwaltungsgericht überprüfte diese medizinische Einschätzung und holte dafür ein Sachverständigengutachten ein. Es befragte einen Arzt für plastische und ästhetische Chirurgie. 

Ergebnis ist: Die Silikonimplantate stellen die Eignung der Klägerin für den Polizeivollzugsdienst nicht infrage. 

Wichtig dabei war, dass es keine ausreichenden Daten gibt, die eine verlässliche Prognose über das Risiko für ein verletzungsbedingtes Reißen der Implantate oder für andere gesundheitliche Komplikationen ermöglichen.

Verwaltungsgericht gibt Klage der Polizei-Bewerberin statt 

Auf der Grundlage des Gutachtens erklärte das Gericht die Ablehnung der Klägerin für den Polizeidienst als rechtswidrig. 

Eine Untauglichkeit für den Polizeidienst sei nur anzunehmen, wenn eine dauernde Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze oder regelmäßige und erhebliche Ausfallzeiten über Jahre hinweg überwiegend wahrscheinlich sei, so die Richter*innen. Eine solche Wahrscheinlichkeit ergebe das Sachverständigengutachten nicht. Nach dem Gutachten stehe nicht fest, mit welcher Wahrscheinlichkeit Brustimplantate zu einer Einschränkung der Polizeidienstfähigkeit führen.

Zweifel an den Folgen von Brustimplantaten bleiben 

Auch wenn Zweifel hinsichtlich der Folgewirkungen der Implantate verbleiben, so genügt dies nach Wertung des Gerichts nicht, um die gesundheitliche Eignung für den Polizeidienst zu verneinen. 

Ergebnis ist also: Die Entscheidung des Landes Nordrhein-Westfalen, die Klägerin sei wegen ihrer Brustimplantate gesundheitlich für den Polizeidienst nicht geeignet, war rechtswidrig.

Berufung zugelassen 

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen. Es kann also sein, dass sich noch das Oberverwaltungsgericht und vielleicht sogar noch das Bundesverwaltungsgericht zu dieser Frage äußern werden. Das hängt davon ab, ob das Land Nordrhein-Westfalen die Sache für so gewichtig hält oder es mit der Entscheidung vom Verwaltungsgericht gut sein lassen wird. 

Es hat bereits vergleichbare Entscheidungen anderen Verwaltungsgerichte gegeben, wonach Brustimplantate kein Grund sind, um einer Bewerberin die Einstellung in den Polizeidienst zu verweigern. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt es aber noch nicht. 

Einzelfallentscheidung oder Grundsatzurteil? 

Interessant ist die Anmerkung in der gerichtlichen Pressemitteilung, dass die Frau aus kosmetischen Gründen Brustimplantate trägt. Schwer vorstellbar inwiefern das eine Rolle spielt. In der Pressemitteilung ist außerdem zu lesen, dass es sich um unterhalb der Brustmuskeln getragene hochwertige Silikonimplantate handelt. Dies lässt den Rückschluss zu, dass es eine Einzelfallentscheidung sein könnte und es Brustimplantate gibt, die eine Frau für den Polizeidienst untauglich machen. 

Warten wir ab, ob das Urteil, das bisher noch nicht in Schriftform vorliegt, diese Rätsel lösen wird. Hier gelangen Sie zur Pressemitteilung. 

Ärztliche Untersuchung nur Teil des Auswahlverfahrens für die Polizei  

Unklar ist auch, ob die Klägerin mit einem Sieg in diesem Gerichtsverfahren tatsächlich eine Einstellung in den Polizeidienst erlangen wird. Denn die ärztliche Untersuchung ist nur ein Teil des Auswahlverfahrens. Wer gesundheitlich geeignet ist, muss bei der Polizei NRW ein Assessmentcenter durchlaufen. Damit ist dann die Aufnahmeprüfung beendet und es findet eine Nachauswahl und die abschließende Bearbeitung der Bewerbung statt.

Links: 

Die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen zur Entscheidung vom 23.11.2016 kann hier nachgelesen werden. 

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