Vor dem Verwaltungsgericht (VG) Osnabrück wurde am 24.11.2020 die Klage einer Grundschulrektorin gegen die Niedersächsische Landesschulbehörde (Beklagte) verhandelt. Die Rektorin begehrte mit ihrer Klage Entlastung von ihren dienstlichen Aufgaben und einen Freizeitausgleich für ihre seit April 2015 geleistete Mehrarbeit.
In der mündlichen Urteilsbegründung führte der Vorsitzende der 3. Kammer des VG aus, dass der Antrag der Grundschulrektorin, ihr eine Entlastung von ihren dienstlichen Aufgaben zu gewähren, unzulässig sei. Dies ergebe sich daraus, dass der Antrag inhaltlich nicht hinreichend bestimmt sei. Denn es sei nicht Aufgabe der Gerichte, durch eine Beweisaufnahme zu ermitteln, von welchen dienstlichen Aufgaben die Klägerin in welchem Umfang entlastet werden müsse, um eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit im Umfang ihrer Teilzeitbeschäftigung zu gewährleisten.
Keine Klagebefugnis
Außerdem fehle es an einer Rechtsgutverletzung, also der Möglichkeit einer Klagebefugnis. Ein Grundsatz des Beamtenrechts sei, dass Beamte keinen Anspruch auf einen individuellen Ämterzuschnitt haben, sondern "nur" einen Anspruch auf eine ihrem statusrechtlichen Amt (hier Grundschulrektorin) entsprechende Verwendung. Im Hinblick auf das konkrete Amt habe der Dienstherr einen Beurteilungsspielraum. Im Übrigen handele es sich bei der Entscheidung über die konkrete Art der Entlastung der Schulen um eine Entscheidung des Organisationsermessens des Dienstherrn. Beamte, so auch die Klägerin, haben aber die Möglichkeit, Anträge zu stellen und Beschwerden zu erheben und so eine Überlastung zu dokumentieren. Eine so dokumentierte Überlastung könne nicht unmittelbar gerichtlich überprüft werden, sondern nur, wenn sie dem Beamten zu seinen Lasten vorgehalten werde, etwa im Rahmen einer dienstlichen Beurteilung.
Mehrarbeit muss vom Dienstherrn angeordnet werden
Da die Klägerin keine individuelle Überlastung zur Überzeugung des Gerichts geltend gemacht habe, sei die Klage auch aus diesem Grund unbegründet. Der von der Klägerin begehrte Freizeitausgleich, der im Umfang auf ein ganzes Jahr hinausliefe, stehe dieser weder aus nationalem noch aus Unionsrecht zu. Denn ein solcher Anspruch setze eine vom Dienstherrn angeordnete Mehrarbeit voraus. Hiervon sei aber im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Zu guter Letzt scheitere der Anspruch auch unionsrechtlich daran, dass die entsprechende EU-Richtlinie auf die Klägerin als Schulleiterin nicht anwendbar sei.
Berufung zugelassen
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann aufgrund der Zulassung der Berufung binnen eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe direkt die Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg einlegen.
Zudem besteht die Möglichkeit, die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zu beantragen.
Rechtliche Grundlagen
Sprungrevision? Was ist das denn?
§ 566 Sprungrevision
(1) Gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile, die ohne Zulassung der Berufung unterliegen, findet auf Antrag unter Übergehung der Berufungsinstanz unmittelbar die Revision (Sprungrevision) statt, wenn
1.
der Gegner in die Übergehung der Berufungsinstanz einwilligt und
2.
das Revisionsgericht die Sprungrevision zulässt.
Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision sowie die Erklärung der Einwilligung gelten als Verzicht auf das Rechtsmittel der Berufung.
(2) Die Zulassung ist durch Einreichung eines Schriftsatzes (Zulassungsschrift) bei dem Revisionsgericht zu beantragen. Die §§ 548 bis 550 gelten entsprechend. In dem Antrag müssen die Voraussetzungen für die Zulassung der Sprungrevision (Absatz 4) dargelegt werden. Die schriftliche Erklärung der Einwilligung des Antragsgegners ist dem Zulassungsantrag beizufügen; sie kann auch von dem Prozessbevollmächtigten des ersten Rechtszuges oder, wenn der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen gewesen ist, zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden.
(3) Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Geschäftsstelle des Revisionsgerichts hat, nachdem der Antrag eingereicht ist, unverzüglich von der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges die Prozessakten einzufordern.
(4) Die Sprungrevision ist nur zuzulassen, wenn
1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Die Sprungrevision kann nicht auf einen Mangel des Verfahrens gestützt werden.
(5) Das Revisionsgericht entscheidet über den Antrag auf Zulassung der Sprungrevision durch Beschluss. Der Beschluss ist den Parteien zuzustellen.
(6) Wird der Antrag auf Zulassung der Revision abgelehnt, so wird das Urteil rechtskräftig.
(7) Wird die Revision zugelassen, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt der form- und fristgerechte Antrag auf Zulassung als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(8) Das weitere Verfahren bestimmt sich nach den für die Revision geltenden Bestimmungen. § 563 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht erfolgt. Wird gegen die nachfolgende Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts Berufung eingelegt, so hat das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung durch das Revisionsgericht zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.