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Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Hauptsitz in Genf
Europa hat Einfluss auf die Rechtsprechung im deutschen Arbeitsrecht, dies ist vielen bekannt. So gehen häufig die aktuellen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu verschiedenen arbeitsrechtlichen Fragestellungen durch die Medien.
Beim EuGH geht es unter anderem um Grundsatzfragen, die sich mit Themen wie Altersdiskriminierung oder religionsbedingter Diskriminierung befassen.
Der EuGH kann nationales Recht bei einem Verstoß gegen EU-Recht für europarechtswidrig und für nichtanwendbar erklären und kann damit erheblichen Einfluss auf das nationale Recht nehmen.
Die Expert*innen der DGB Rechtsschutz GmbH führen Verfahren von Kolleg*innen sowohl vor dem EuGH, als auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR).
Weniger bekannt, sogar unter Jurist*innen, ist die International Labour Organisation ( ILO) und deren Einfluss auf das nationale Arbeitsrecht.
Die ILO ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen ähnlich wie die World Trade Organisation (WTO), oder World Health Organisation (WHO).
Die ILO ist damit beauftragt, soziale Gerechtigkeit sowie Menschen- und Arbeitsrechte zu befördern und hat unter anderem vier wichtige Grundprinzipien aufgestellt:
Die Politik der ILO wird wesentlich durch den Verwaltungsrat bestimmt. Jeweils 14 Vertreter*innen von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, sowie 28 Vertreter*innen der Regierungen der 183 Mitgliedsländer bilden den Verwaltungsrat.
Im Jahr 2014 wurde Annelie Buntenbach, Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstandes des DGB, in den Verwaltungsrat der ILO gewählt. Sie folgte damit Michael Sommer, dem ehemaligen DGB-Vorsitzenden, der seit 2008 Mitglied des Verwaltungsrates war.
Im Rahmen ihrer Tätigkeit schließt die ILO sogenannte Übereinkommen oder Empfehlungen mit den Mitgliedstaaten beziehungsweise den von den Mitgliedsländern entsandten Vertretern. Hierbei handelt es sich jeweils um zwei Vertreter der Regierung sowie einen Arbeitnehmer- sowie Arbeitgebervertreter. Es handelt sich um ein sogenannten tri-partistisches oder auch Dreiparteien System.
Die geschlossenen Übereinkommen müssen in einem zweiten Schritt noch durch die jeweiligen Regierungen ratifiziert werden.
Nicht letztlich geklärt ist die Frage, welche Rechtsstellung diese Übereinkommen im deutschen Rechtssystem haben. Die Einordnung ist nicht einfach, im Ergebnis wird man jedoch dazu kommen müssen, dass den Übereinkommen der ILO völkerrechtliche Qualität zugestanden werden muss.
Trotzdem fällt in der juristischen Praxis häufig auf, dass weder Prozessvertreter noch die Gerichte selbst, die Normen der ILO in ihre Argumentation bzw. Entscheidungsbegründung mit einbeziehen.
Das wiederrum lässt sich mit der noch fehlenden Prominenz der ILO und ihrer Normen erklären. Die Gerichte setzen sich in der Regel nicht mit der ILO auseinander es sei denn, sie rechtfertigen das bereits gefundene Ergebnis oder lehnen deren Einwirkung auf deutsches Recht ab, weil das deutsche Recht einen weitergehenden Schutz vermittelt.
Dabei hat die ILO durchaus Einfluss auf die Rechtsprechung in Europa. So zog der EGMR die ILO in seine Auslegungsgrundsätze zur Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ein.
Der EGMR nutzte in seiner Entscheidung einen „ganzheitlichen“ Ansatz, nach welchem internationale Normen bei der Auslegung der EMRK zu berücksichtigen sind.
Betrachtet man sich einmal die Anzahl an Verfahren, in welchen die ILO überhaupt thematisiert wird, so fällt auf, dass das Bewusstsein für die ILO in höheren Instanzen besser ausgeprägt ist.
Umso erfreulicher ist es dann, wenn bereits erstinstanzlich Bezug auf die ILO genommen wird und bestenfalls nicht allein Teil des Vortrages des/der Arbeitnehmervertreter*in ist, sondern sich auch in den Entscheidungsgründen des Gerichtes wiederfindet.
So nutze das Arbeitsgericht Stuttgart in seiner Entscheidung (Urteil vom 07.04.2017 – 26 Ca 1506/16) ein ILO Übereinkommen zur Auslegung einer landesrechtlichen Vorschrift und entschied über den Anspruch auf Bildungszeit eines Arbeitnehmers.
Die beklagte Arbeitgeberin war der Ansicht, dass der Kläger keinen Anspruch auf bezahlte Freistellung nach dem Bildungszeitgesetz des Landes Baden-Württemberg (BzB Bw) habe.
Der Arbeitnehmer wollte an einer Veranstaltung teilnehmen, die ein Bildungszentrum der IG Metall anbot und begehrte Freistellung von der Arbeit.
Die beklagte Arbeitgeberin vertrat die Meinung, dass die Veranstaltung keine „politische Weiterbildung“ im Sinne des baden-württembergischen Bildungszeitgesetzes sei.
Das Arbeitsgericht Stuttgart bezog sich in seinen Entscheidungsgründen unter anderem auf das ILO Übereinkommen Nr. 140 und sprach dem Kläger im Ergebnis einen Anspruch auf bezahlte Freistellung zu.
Europarecht und internationales Recht haben erheblichen Einfluss auf unser nationales Arbeitsrecht und die Rechtsprechung, die nationales Recht fortlaufend weiterentwickelt.
Es ist erstrebenswert, gemeinsame Werte, wie sie in den Normen der ILO zum Ausdruck kommen, in unser Rechtssystem zu integrieren. Jedoch wird oft Europarecht und internationales Recht, insbesondere die Übereinkommen der ILO, in Verfahren vollkommen außer Acht gelassen.
Wünschenswert wäre es, wenn sich Rechtsanwender zukünftig verstärkt auch mit der ILO befassten, um dann ILO Normen in ihre Argumentationen mit einzubeziehen.
Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 07.04.2017 – 26 Ca 1506/16 hier im Volltext
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Website der Internationale Arbeitsorganisation (ILO) - Vertretung in Deutschland.